Unser Mitglied Elena hat diesen tollen, emotionalen und aufrüttelnden Redebeitrag schon bei mehreren Kundgebungen gehalten – hier nun das Video und der Beitrag zum Nachlesen.
Hier das Transkript von Elenas Redebeitrag:
„Das ist das Land, in dem man nicht versteht, dass fremd kein Wort für feindlich ist. In dem Besucher nur geduldet sind, wenn sie versprechen, dass sie bald wieder gehen.“ singen die Toten Hosen in ihrem Lied „Willkommen in Deutschland“.
Wieso haben so viele Menschen Angst vor Besuchern und davor, dass zu viele kommen und die dann auch noch bleiben wollen?
Wer sind wir denn, dass uns das Angst macht? Ein Menschenleben ist so kurz im Vergleich dazu, wie lange schon diese Erde existiert. Mein Leben ist nur ein kurzer Besuch auf dieser Welt. Wir sind alle nur Besucher auf diesem blauen Planeten. Worin liegt der Unterschied zwischen Besuchern und Besuchern? Ich sehe keinen.
Wir sind alle gleich. Wir sind alle Menschen. Und weil wir gleich sind, gelten auch für alle Menschen die gleichen Rechte. So hat z.B. jeder Mensch ein Recht auf Leben und Freiheit, auf körperliche Unversehrtheit, ein Recht auf Familie, auf Religionsfreiheit / und ja, dazu gehören auch der Islam und auch das Judentum. Wir müssen nicht alle bekämpfen, nur weil wir meinen, deren Religion bedrohe uns. Damit werden wir nämlich selbst zu einer Bedrohung und missachten Menschenrechte.
Außerdem haben alle Menschen ein Recht auf Arbeit, Bildung und Wohlfahrt. Für jeden Menschen gilt das Asylrecht. Es gibt noch weitere Rechte. Und in anderen Ländern werden diese Rechte nicht immer gewahrt, weil die Menschen dort in extremer Armut leben müssen, in Krieg oder anderen schrecklichen Zuständen, für die wir auch mitverantwortlich sind. Weil wir reich sind, sind sie arm. Weil wir billige Bananen, Jeans und billigen Kaffee kaufen, werden in anderen Ländern die Menschen ausgebeutet und müssen in Armut leben. Weil Deutschland Geld mit seinen Waffenexporten verdient, tragen wir eine Mitschuld daran, dass in anderen Ländern auch mit unseren Waffen Krieg geführt wird. Und wenn die Menschen dort dann keine bessere Perspektive haben, als zu fliehen, dann ist doch klar, dass diese Menschen zu uns kommen, weil sie hier bei uns Schutz und ein besseres Leben suchen. Und was finden sie hier? Die, welche die Flucht überlebt haben, kommen geschwächt, erschöpft und traumatisiert hier an und dann sagt man ihnen: „Ach, dein Land ist jetzt ein sicheres Herkunftsland und Tschüss.“
Oder man sagt zu ihnen: „Du bist ja nur vor Armut geflüchtet und nicht vor Krieg. Wirtschaftsflüchtlinge wollen wir hier nicht, denn wir wollen jetzt die rechte Flanke schließen. Tschüss.“
Oder aus dem ganz rechten Spektrum kommt: „Ihr bringt ja nur Bazillen mit, klaut uns unsere Arbeitsplätze und islamisiert unser schönes Abendland. Verschwindet.“
Ich könnte kotzen. Menschen ertrinken im Mittelmeer und alle, die zu uns fliehen, haben ihre Heimat verloren, sie kämpfen um ihr Leben. Sie fragen nicht: „Kann ich euer Abendland islamisieren? Darf ich euch eure Arbeitsplätze klauen? Ich komme aus einem sicheren Herkunftsland und Flucht ist nur mein Hobby.“ Stattdessen fragen sie: „Könntet ihr mich bitte hier leben lassen? Könntet ihr mir helfen, damit meine Familie (wenn sie noch am Leben ist) und ich nicht mehr in extremer Armut, Krieg oder Verfolgung leben müssen? Wir möchten ein Leben mit einer Zukunft und mit einer Perspektive.“
Wie kann man da „Nein“ sagen? Wie kann man da von einer Obergrenze sprechen? Wie kann man sich gegen Menschen, die in Not sind und dringend Hilfe brauchen, abschotten?
Das verstößt doch gegen das Gesetz und ist strafbar. Das ist unterlassene Hilfeleistung. Und dennoch wird diese unterlassene Hilfeleistung propagiert. Zahlreiche Flüchtlinge werden wieder abgeschoben und wie läuft das dann ab? Nachts fahren die Polizeiautos vor die Häuser und sagen den Menschen dann, dass sie ihre Sachen sofort packen und mitkommen müssen. Dann werden sie abgeschoben und auch nach Afghanistan wird wieder abgeschoben. Das ist dann ein Ticket in den eigenen Tod.
Ich finde es gruselig, wie sehr sich Menschen an Regeln und Vorschriften von oben halten und Befehle ausführen, auch wenn sie andere Menschenleben damit gefährden. Ich finde es schlimm, dass es nicht mehr Verweigerung und Widerstand gibt.
Kommt in den Nachrichten ein Bericht über einen Wirbelsturm, der eine ganze Küstenregion verwüstet hat, werden sofort zahlreiche Hilfspakete verschickt. Aber die Menschen, die hierher kommen und deren altes Leben in Trümmern liegt, die sollen in sogenannten Ankerzentren gesammelt werden, damit man sie leichter rückführen, also wieder abschieben kann. Wie kann ein Herz so blind sein, so kalt und so erstarrt? Wieso wird hier nicht genauso selbstverständlich geholfen, wie man es sonst bei anderen Krisen auch macht?
Wieso wird Integration verhindert statt gefördert? Wieso ist es ok, 10.000 € für eine Abschiebung auszugeben und noch viel höhere Summen, um mit anderen Staaten Deals abzuschließen und sich den Status „sicheres Herkunftsland“ zu kaufen, damit man noch mehr abschieben kann?
Aber wenn die Leute bleiben wollen, dann kommt sofort die Angst, dass sie uns unseren Wohlstand wegnehmen. Wir verpulvern lieber unser Geld, um das Leid und die Not nicht mehr zu sehen, anstatt nach wirklichen Lösungen zu suchen.
Wieso kommt eigentlich nicht bei jeder Nachricht über Menschen, die in Not sind und davor fliehen, auch eine kurze Info dazu, wie man den Betroffenen helfen kann, wo die richtigen Adressen dafür sind und welche Hilfe noch benötigt wird? Wieso gibt es so wenig Transparenz und Aufklärung darüber?
Ich bekomme im Fernsehen vor allem mit, dass von innerer Sicherheit und Stabilität die Rede ist, die man erreichen will, indem weniger Flüchtlinge in unser Land kommen. Und wo bleiben sie dann? Auf der Strecke? Sterben sie auf der Flucht oder in ihrem sicheren Herkunftsland, aus dem sie geflohen kamen? Wie viele Menschenleben soll uns denn unsere ‚innere Sicherheit‘ kosten? Auf welchen Leichenbergen wollen wir diese Stabilität errichten?
Es kommen nicht zu viele fremde Menschen in unser Land. Es kommen allerhöchstens zu viele dumme, rassistische und hetzerische Gedanken in unsere Köpfe. Und es dringen zu viele Ängste, Sorgen und Hassparolen in unsere Herzen.
Wir sollten uns nicht abschotten vor anderen Menschen. Wir sollten uns besser abgrenzen gegenüber feindlichen Gefühlen und zerstörerischen Gedanken.
In einer globalisierten Welt ist alles miteinander vernetzt und hängt miteinander zusammen. Wir müssen auch unsere Herzen miteinander verbinden, dann sind wir in der heutigen Zeit angekommen und können uns den globalen Herausforderungen stellen und nach menschenwürdigen Lösungen suchen.