Das Thema Migration spielt eine große Rolle in den Wahlprogrammen der Parteien für die Europawahl. Die wichtigsten Punkte zu den Themen Flucht, Grenze und EU-Migration:
Wie viel Raum Migrationsthemen in den Wahlprogrammen zur Europawahl einnehmen, ist von Partei zu Partei sehr unterschiedlich. 18 Prozent des AfD-Programms drehen sich um Migrationsthemen, bei der SPD lediglich 5 Prozent. Ein Vergleich zur Europawahl vor 5 Jahren zeigt: Die AfD hat ihren Kurs am stärksten geändert. 2014 hieß es noch im Wahlprogramm: „Die AfD tritt für ein offenes und ausländerfreundliches Deutschland ein“. Im aktuellen Programm warnt sie hingegen, die Asyl- und Migrationspolitik bringe die europäische Zivilisation in „existenzielle Gefahr“. Welche Veränderungen gab es bei den anderen Parteien? Die CDU sprach sich 2014 für eine Aufnahme von Flüchtlingen aus, die sich in Staaten außerhalb der EU aufhalten. Im aktuellen Programm betonen CDU und CSU eher restriktive Maßnahmen: Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, soll dauerhaft niedrig bleiben. Bei der SPD, den Grünen und den Linken gab es keine weitreichenden Veränderungen zwischen 2014 und 2019.
Einige Punkte tauchen in allen Parteiprogrammen auf: Die EU soll Fluchtursachen in Herkunftsregionen von Asylbewerbern bekämpfen. Außerdem fordern alle Parteien mit Ausnahme der Linken, dass Personen mit abgelehntem Asylantrag wieder in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden. Die Linke lehnt Abschiebungen grundsätzlich ab.
Wie sollen Flüchtlinge in der EU verteilt werden?
Die meisten Parteien sind sich einig: Die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU muss neu geregelt werden. SPD, Grüne und FDP wollen Flüchtlinge nach einem Schlüssel verteilen, der Aufnahmekapazitäten, aber auch familiäre Bindungen berücksichtigt. Nach Ansicht der Linken sollen Flüchtlinge selber entscheiden können, wo sie leben werden – alle EU-Mitgliedstaaten sollten verpflichtet sein, sie aufzunehmen. Die AfD will hingegen das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ komplett abschaffen. Die CDU/CSU ist die einzige Partei, die an der Dublin-III-Verordnung festhält. Aber auch sie fordert eine „solidarische Lastenverteilung“ in Europa.
Welche Sozialleistungen sollen Flüchtlinge erhalten?
AsylbewerberInnen haben unterschiedlich Zugang zu Sozialleistungen in unterschiedlichen Staaten der EU. In Deutschland sind die Asylbewerberleistungen vergleichsweise umfangreich. CDU/CSU als auch die AfD fordern Sozialleistungen für AsylbewerberInnen auf ein Existenzminimum zu reduzieren (CDU/CSU) beziehungsweise nur auf Sachleistungen (AfD). Nach Ansicht der Linken soll es ausschließlich Geldleistungen für Geflüchtete geben.
Soll ein „Spurwechsel“ für Flüchtlinge erlaubt werden?
Derzeit gibt es eine klare Trennung zwischen dem Asylverfahren und der Einwanderung für ausländische Arbeitskräfte. FDP und Grüne wollen Schutzsuchenden ermöglichen, vom Asylverfahren zur Arbeitsmigration zu wechseln („Spurwechsel“). Die AfD schließt das ausdrücklich aus.
Wie können Geflüchtete legal nach Europa kommen?
Die meisten Geflüchteten erreichen Europa nach wie vor auf illegalen Wegen. SPD, Grüne, Linke und FDP wollen deshalb „Humanitäre Visa“ einführen, die es Menschen in Not erlauben würden, legal nach Europa einzureisen. SPD, Grüne und Linke plädieren außerdem für eine Erweiterung der Umsiedlungs-Programme für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge(„resettlement“). Die AfD will hingegen diese Pläne der EU stoppen.
Wer soll die Grenzen überwachen?
Grenzkontrollen sind im Schengen-Raum grundsätzlich nur an den Außengrenzen möglich. In den vergangenen Jahren wurden jedoch Kontrollen an nationalen Grenzen eingeführt – etwa an der deutsch-österreichischen und an der italienisch-französischen. SPD, FDP, Grüne und Linke setzen sich dafür ein, dass diese Kontrollen wieder eingestellt werden. Dafür sollen die EU-Außengrenzen besser geschützt werden, schreiben SPD und FDP. Die CDU/CSU will die EU-Außengrenzen stärker überwachen lassen – Kontrollen an den Binnengrenzen soll es nur noch vorübergehend geben. Die AfD möchte hingegen dauerhafte Kontrollen an den Binnengrenzen.
Können Flüchtlinge in Staaten außerhalb der EU aufgenommen werden?
Die Europäische Kommission plant Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Drittstaaten zu errichten – also Staaten, die nicht zur EU gehören, aber auch nicht die Herkunftsstaaten von Migranten und Flüchtlingen sind. Der AfD zufolge sollen abgelehnte Asylbewerber in Drittstaaten abgeschoben werden, wenn eine Abschiebung in ihr Herkunftsland nicht möglich ist. Die CDU/CSU plädiert für europäische „Transitzentren“ an den Grenzen und Aufnahmezentren in Afrika sowie „präventive Abkommen“ nach dem Vorbild des EU-Türkei-Deals. SPD, Linke und Grüne schließen Aufnahmezentren in Drittstaaten ausdrücklich aus.
Wer soll Flüchtlinge im Meer retten?
Derzeit patrouillieren sehr wenige Schiffe im Mittelmeer. Vor allem zivile Seenotrettungs-Organisationen wurden von der italienischen und maltesischen Regierung daran gehindert, Menschen zu retten. FDP, SPD, Linke und Grünen fordern, die Seenotrettung nicht mehr zu behindern!
Welche Sozialleistungen sollen EU-Staatsbürger bekommen?
EU-Bürger, die in Deutschland arbeiten, haben wie Inländer Anspruch auf Sozialleistungen. SPD und Grüne wollen eine europäische Sozialversicherungsnummer einführen, etwa um zu verhindern, dass Menschen in mehreren EU-Ländern gleichzeitig Sozialleistungen erhalten. AfD und FDP fordern, dass EU-Bürger, die ihren Lebensunterhalt nicht selbstständig bestreiten können und auf Sozialleistungen angewiesen sind, abgeschoben werden. Nach Ansicht von AfD, FDP und CDU/CSU soll das Kindergeld außerdem an die Lebenskosten im Land angepasst werden, in dem das Kind lebt.
Wie kann man Arbeitsmigration innerhalb der EU fördern?
Viele EU-Bürger wollen in einem anderen EU-Mitgliedstaat arbeiten. Doch oftmals wissen sie nicht, wo und wie sie einen Job suchen können. SPD, Grüne und FDP möchten, dass EU-Bürger besser betreut werden, die in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten wollen. CDU/CSU setzen auf die EU-Arbeitsagentur, die ab diesem Jahr eingerichtet werden soll. Die AfD lehnt hingegen eine gemeinsame Arbeitsagentur grundsätzlich ab. Außer der AfD wollen alle Parteien die europäischen Austausch- und Ausbildungs-Programme ausbauen .